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11.07.2019 | Lesezeit: 5 min

Regionale Pilzproduzenten wachsen

Pilze sind bei Schweizern hoch im Kurs. Insbesondere Champignons. Ihr Anteil beträgt ­zirka 90 Prozent. Laut dem Verband Schweizer Pilzproduzenten (VSP) belief sich der Konsum von frischen Champignons (ohne Konserven) im Jahr 1997 auf rund 7500 Tonnen. 2017 waren es über 10000 Tonnen. Gleichzeitig sank in dieser Zeitspanne der Inlandsanteil von

Pilze sind bei Schweizern hoch im Kurs. Insbesondere Champignons. Ihr Anteil beträgt ­zirka 90 Prozent. Laut dem Verband Schweizer Pilzproduzenten (VSP) belief sich der Konsum von frischen Champignons (ohne Konserven) im Jahr 1997 auf rund 7500 Tonnen. 2017 waren es über 10000 Tonnen. Gleichzeitig sank in dieser Zeitspanne der Inlandsanteil von 90 auf noch gut 70 Prozent. Entsprechend haben sich die Importe entwickelt. Hauptherkunftsländer sind die Niederlande, Polen und Deutschland.

Dies spüren auch die Schweizer Produzenten. Mit der Zürcher Champignonkulturen AG im bernischen Belp hat Ende 2017 einer der bedeutendsten Betriebe der Schweiz die Produktion aufgegeben. Für den VSP «ein klares Zeichen, dass die Situation für die Produktion in der Schweiz bedeutend schwieriger geworden ist», wie der Verband im Jahresbericht 2017 festhält.

Deutsche Discounter lancierten Preiskampf
Roland Vonarburg ist Inhaber und Geschäftsführer der Wauwiler Champignons AG. Auf die steigenden Importe angesprochen, verweist er auf die deutschen Lebensmitteldiscounter. Mit deren Markteintritt habe der Preiskampf gerade auch bei den Champignons eingesetzt. Denn Pilze gelten in der Schweiz wohl als landwirtschaftliches Produkt, doch anders als andere Agrarerzeugnisse kenne man weder Direktzahlungen noch einen Grenzschutz. «Wir unterliegen zu 100 Prozent dem interna­tionalen Wettbewerb», erklärt ­Vonarburg. Man habe gar einen Nachteil, da europäische Produzenten von gewissen Fördermitteln aus Brüssel profitieren würden. So werden beispielsweise bei Biobetrieben in der EU für einen Neubau bis zu 40 Prozent Fördergelder gesprochen. Darüber hinaus seien die Betriebe in der EU auf günstigerem Landwirtschaftsland gebaut. «Wir müssen hingegen in die Gewerbezone», sagt Vonarburg.

Mit dem Preisnachteil sei vor allem auch das Geschäft in der Gastronomie schwieriger geworden, wo man laut Vonarburg die Herkunft Schweiz weniger gut ausspielen könne: «Im Restaurant interessiert die Herkunft von Wein und Fleisch, nicht aber diejenige der Pilze.» Dass die Nationalbank den Franken seit Anfang 2015 nicht mehr stützt, habe sein Übriges zur Preisdifferenz zum Ausland beigetragen, sagt der Wauwiler Pilzproduzent – der aber auch auf die positive Entwicklung hinweist. Denn die steigenden Importe seien nicht zuletzt auch auf die gestiegene Nachfrage zurückzuführen.

Vonarburg führt dies zum einen auf die steigende Bevölkerungszahl in der Schweiz zurück und zum anderen auf einen Ernährungstrend. «Pilze spielen in der vegetarischen und ausgewogenen Küche eine wichtige Rolle.» Gerade im Sommer würden Pilze grilliert, als Gemüse verwendet oder der Salat damit garniert. Ein anderer Wachstumsmarkt ist gemäss dem Champignonsproduzent der Biobereich und die regionale Herkunft. Bei der Wauwiler Champignons AG hat man einen Teil – rund einen Drittel – der Produktion auf Bio umgestellt. Um die Kapazitäten für den konventionellen Kanal zu erhalten, investiert man in Wauwil derzeit 3,5 Millionen Franken in die Kapazitätserweiterung. «Im September wird der Ausbau abgeschlossen sein, und wir werden die Produktion um wöchentlich 6 Tonnen erhöhen können», so Vonarburg.

Aber nicht nur bei den Champignons steigen die Importe an. Auch die Edelpilzproduzenten beobachten den Trend. Zu den Edelpilzen gehö­ren etwa der Kräuterseitling, der Austernseitling oder Shiitake. Dass die Pilzimporte generell so stark ansteigen, komme daher, «dass der Konsument günstige Ware zum Teil bevorzugt, obwohl bei den ausländischen Produkten die Qualität tendenziell schlechter ist», sagt Sepp Häcki, Geschäftsführer der Kernser Edelpilze GmbH. «Dies beisst sich mit den Aussagen vieler Leute, denn sehr oft hört man, dass Schweizer Produkte bevorzugt würden.» Es gebe auch bei den Edelpilzen Anbieter, «die etwa Delikatessenhandel betreiben, jedoch mit reiner Importware arbeiten», sagt Häcki.

Nachfrage bei Edelpilzen hat sich verdoppelt
Doch mit polnischen Löhnen von beispielsweise 1.25 Euro pro Stunde, so Häcki, könne man nicht Schritt halten. «Und im Pilzmarkt setzt sich das Gesamtprodukt zu 80 Prozent aus den Lohnkosten zusammen. Die Ernte ist arbeits- und darum kostenintensiv.» Die Frage sei daher schlicht: «Was ist der Konsument bereit zu zahlen?»

Die Nachfrage steige in der Schweiz jedenfalls auch bei den Edelpilzen stark an, «gerade die letzten Jahre, speziell der Kräuterseitling, aber auch Shiitake. Das ist ein ökologischer Trend, Pilze sind gesund, haben wenig Fett», so Häcki. Man sei bei der Edelpilzproduktion auf einem relativ tiefen Niveau gestartet, die Nachfrage habe sich in den letzten zwei, drei Jahren aber «sicher verdoppelt», sagt der Kernser Edelpilzproduzent. Wobei es auch auf die Region ankomme: in Zürich beispielsweise habe der Konsum nochmals deutlich stärker zugenommen als in den Bergregionen. «Wir beliefern die Migros-Genossenschaften Luzern, Aare und Zürich und sehen anhand der Zahlen, dass die Nachfrage auch in der Zentralschweiz stark wächst, was nicht erstaunt, da Essenstrends fast immer aus den städtischen Gebieten kommen, sich dann mit etwas Verzögerung auch auf dem Land zeigen.»

 

Quelle: Luzerner Zeitung vom 11.7.2019

 

 

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