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Nachhaltigkeit | 27.09.22 | 5 min

Nachgefragt bei Claudio Nold, Standortleiter Kriens bei der ANDRITZ HYDRO AG

Positive Nachrichten gab es Mitte Juli aus Kriens: Das Geschäft der ANDRITZ HYDRO AG läuft, stetig werden neue Mitarbeitende rekrutiert, die Wasserkraft boomt. Die Wirtschaftsförderung Luzern hat in ihren News darüber berichtet. Wir haben uns mit Standortleiter Claudio Nold getroffen und mit ihm über den Imagewandel und das laufende Geschäft gesprochen.

Was hat die ANDRITZ HYDRO AG dazu veranlasst, über ihren Imagewandel zu berichten?
Wir haben mit unserem Gang an die Öffentlichkeit zwei Ziele verfolgt. Zum einen wollten wir uns als attraktiven Arbeitgeber präsentieren. Zum anderen ging es um die Motivation unserer bestehenden Belegschaft. Leider hatten wir längere Zeit mit einem schlechten Ruf zu kämpfen, da wir jahrelang Stellen abbauen mussten. Das hat auf unsere Mitarbeitenden abgefärbt. Hinzu kam, dass wir das Industrieareal in Kriens verkaufen mussten. Es wird in den nächsten Jahren komplett abgebaut und neu bebaut. Wir werden längerfristig unsere Produktion verschieben müssen. Trotz diesen Umständen sind wir schon seit einiger Zeit wieder am Wachsen und am Rekrutieren. Das Geschäft läuft gut. Auch die Wasserkraft hat einen Imagewandel durchlaufen. Wir sind topmotiviert und wollen das auch der Öffentlichkeit zeigen. Die Reaktionen waren durchwegs positiv, extern wie auch intern. Das hat mich sehr gefreut.

Wie konnte euch die Wirtschaftsförderung Luzern unterstützen?
Andreas Zettel, Leiter Unternehmensentwicklung bei der Wirtschaftsförderung Luzern, hat uns bei der Veröffentlichung der Medienmitteilung unterstützt und die Kontakte zur Neuen Luzerner Zeitung hergestellt. Bereits in der Vergangenheit konnten wir auf die Wirtschaftsförderung Luzern zählen, als es ums Thema Standortsuche ging. Mit Ausblick auf die Verlagerung unserer Produktion 2026 werden wir weiterhin mit der Organisation in Kontakt sein. 

Können Sie mir das Kerngeschäft der ANDRITZ HYDRO AG erklären?
Wir gehören zum weltweit tätigen ANDRITZ-Konzern. Mit ihrem Fokus auf Wasserkraft ist die ANDRITZ HYDRO AG in ihrem Bereich eine der grössten Firmen weltweit. Das hat mit dem hohen Stellenwert der Wasserkraft in der Schweiz zu tun. ANDRITZ HYDRO hat in der Schweiz zwei Standorte: Kriens und Vevey. Kriens bedient den Schweizer Markt, Vevey mehrheitlich französischsprachige Exportmärkte. Ausserdem haben wir eine Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Diese hat die Weiterentwicklung von Wasserkraftwerken zum Ziel, indem die Effizienz und der Wirkungsgrad gesteigert werden. Die Frage lautet: Wie kann man mit der gleichen Menge Wasser noch mehr Strom produzieren? In diesem Bereich sind wir weltweit eine der führenden Firmen. Davon gibt es allerdings nicht mehr viele. Unser Marktanteil in der Schweiz beträgt gut 70%. Das betrifft das gesamte Portfolio: Revisionen und Modernisierungen bzw. Wirkungsgradsteigerungen. Revisionen tätigen auch einige andere Firmen, Modernisierungen hingegen nicht. Was wir in der Schweiz nicht machen, ist der komplette Neubau von Turbinen. Dieser Zweig wird von ANDRITZ aus Österreich und Deutschland bedient.

Handelt es sich beim Geschäft der ANDRITZ HYDRO AG um ein sehr volatiles Business?
Das würde ich so nicht sagen. Wir haben zwei Standbeine – das Geschäft in der Schweiz, und der Export. Die beiden Geschäfte sind in der Vergangenheit oft gegensätzlich gelaufen, sodass sie sich ausgeglichen haben. Der Export ist abhängig von den Wechselkursen zum Schweizer Franken sowie von lokalen Gegebenheiten. Aktuell zum Beispiel leidet unser Afrikageschäft unter fehlenden Finanzierungsmöglichkeiten unserer Kunden, und auch andere für uns wichtige Märkte laufen zurückhaltend. Der Schweizer Franken ist eine andauernde Herausforderung. In der Schweiz haben wir andere Treiber: Zum einen ist dies die Politik, welche die Rahmenbedingungen festlegt, und zum anderen der Strompreis. Wenn die Politik etwas bestimmt, dauert es seine Zeit, bis es Wirkung zeigt. Die Energiestrategie 2050 wurde 2017 angenommen. Daraufhin wurden die Subventionen für Wasserkraftwerke erhöht. Bis man die Auswirkungen davon spürte, hat es gedauert. Die Strompreise nehmen im Vergleich dazu schneller Einfluss auf unsere Kunden. Auch dieser wird jedoch durch teilweise mittelfristige Verträge im Stromhandel relativiert. Momentan haben wir ein Extrem bei den Strompreisen. Das hängt von verschiedenen Faktoren ab: Die Stromproduktion mit Kohle wurde sukzessive heruntergefahren und Frankreich musste viele seiner AKW für Revisionen abschalten. Zusätzlich hat der Ukrainekrieg zu einem Gasengpass geführt, und Gas wird in Europa insbesondere zur Stromproduktion in Spitzenzeiten benötigt. Die Strompreise sind allerdings schon vor dem Ukrainekrieg gestiegen. Das konnte jeder mitverfolgen. Die Entwicklung der Strommangellage hingegen war der Öffentlichkeit lange nicht bewusst. Dies, obwohl Experten schon seit etlicher Zeit davor gewarnt haben. Jahrelang wurde wenig investiert, Revisionen hinausgeschoben, und dazu Erweiterungen durch lange Prozesse und Auflagen erschwert. Dank höheren Strompreisen und politischer Unterstützung hat sich das Blatt zum Glück gewendet, und die Wasserkraft in der Schweiz wird wieder gestärkt. Wie unser Geschäft läuft, ist also ein komplexes Wechselspiel von verschiedenen Faktoren. 

Wagen Sie es, eine Fünf- bis Zehnjahresprognose für Ihr Geschäft abzugeben? 
Generell gilt, dass die Menschen immer mehr Strom benötigen. Um diesen Bedarf zu decken, benötigen wir alle erneuerbaren Energien. Unter anderem sollen die Solar- und Windenergie stark wachsen, aber auch die Wasserkraft wird benötigt. Deshalb ist unsere langfristige Prognose eindeutig positiv. Im Export ist unser Geschäft allerdings durch oft sehr unabhängige Treiber bestimmt – sei es der Schweizer Franken, politische Situationen in Afrika, Südamerika oder Europa. In der Schweiz liegt die Unsicherheit vor allem beim Strompreis, welcher wiederum stark von Europa abhängig ist, und unter anderem von unseren Abkommen mit Europa. Klar ist aber auch: Hierzulande ist die Wasserkraft der wichtigste Stromlieferant, und auch wenn andere erneuerbare Energien prozentual wichtiger werden, wird ein Ausbau der Wasserkraft benötigt. Zwar werden viele Stromverbraucher effizienter – ein Beispiel ist die Beleuchtung. Gleichzeitig bauen wir aber die E-Mobilität und Rechenleistungen aus, und wahrscheinlich wird auch ein weiteres Bevölkerungswachstum die Stromnachfrage erhöhen. Wir sind deshalb sehr optimistisch für die Wasserkraft und unser Geschäft.

Welches ist das oberste Ziel, das Sie als Standortleiter Kriens verfolgen? 
Oberstes Credo hier in Kriens ist, die Wasserkraft bestmöglich zu fördern. Sehr wichtig ist mir, dass die ANDRITZ HYDRO AG attraktiv für ihre Mitarbeitenden ist. Stets unter der Bedingung, dass wir einen Gewinn abwerfen. Wenn wir nicht profitabel sind, können wir unsere Arbeitsplätze nicht erhalten. Am meisten Freude macht mir, wenn wir neue Arbeitsplätze schaffen können und glückliche Mitarbeitende haben. 

Apropos Mitarbeitende: Wie steht es bei der ANDRITZ HYDRO AG ums Thema der Fachkräfte?
Passende Fachkräfte finden ist schwierig, und zwar von A bis Z, vom Ingenieur hin zu den Lernenden im Bereich Polymechanik. Eine Lehre zu machen, gerade im technischen Bereich, ist bei den Jungen leider nicht mehr so beliebt wie früher. Wir setzen deshalb auch stark auf die interne Förderung unserer Mitarbeitenden. Diese ist wesentlich einfacher als die Rekrutierung. Ein Pluspunkt beim Rekrutieren ist sicherlich unsere zentrale Lage. Wo in der Schweiz ist es sonst so schön wie in Luzern? Hinzu kommt die gestiegene Bedeutung der Nachhaltigkeit in unserer Gesellschaft. Die Menschen wollen etwas Sinnvolles machen. Es ist toll zu sehen, dass sich die meisten unserer Mitarbeitenden mit unserem Unternehmen sehr identifizieren, da die Wasserkraft Technik und Nachhaltigkeit vereint.

Zur Person: Claudio Nold ist seit 2019 als CFO und seit 2021 als Standortleiter bei der ANDRITZ HYDRO AG in Kriens beschäftigt. Sein Flair für Zahlen und Finanzen kann er als Finanz- und Personalchef der beiden Standorte der ANDRITZ HYDRO in Kriens und Vevey ausleben. Das nötige Werkzeug hat er in einem Wirtschaftsstudium an der Universität St. Gallen erlangt. Vor seiner jetzigen Tätigkeit hat Nold Erfahrungen bei der Novartis AG, bei der Burkhardt Compression AG und beim Migros-Genossenschaftsbund gesammelt.

ANDRITZ HYDRO AG

Anja Hammerich
Projektleiterin Kommunikation/Content